Eric Pfeil: „Ich liebe Musik beim Kochen… italienische Pornofilm-Soundtracks gehen immer gut…“

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Eric Pfeil wird als Dandy-Troubadour bezeichnet. Der sympathische Songschreiber aus Köln weiß mit Worten umzugehen. Das hört man in seinen Liedern, aber bemerkt man auch immer wieder in Gesprächen mit ihm.

Oft tragen die Songs eine Melancholie mit sich, traurig, aber auch humorvoll. Vielleicht sogar ein bisschen wahnsinnig, aber immer mit einer gelungenen Pointe. Er beobachtet Menschen und Situationen und vermischt diese mit seinen eigenen Erfahrungen und Irrsinn. Kürzlich war er in 13 Wohnzimmern unterwegs und hat dort jeweils live einen Song aufgenommen. Mit diesem Album „13 Wohnzimmer“, seinem freundlichen Orchester (Alfred Jansen und Felix Kleyderich) und schrecklich süßem Eierlikör, tourt er nun regelmäßig durch die Gegend. Kürzlich war er mit seiner Super-Band in Berlin. Dort hatte ich das Vergnügen, die Jungs nach ihrem Essen und vor ihrem Gig im Lombardo zu treffen. Essen und Musik ist natürlich immer ein Thema auf Konzertreisen und auch so im Leben eines Musikers. Der Mann hat auf jeden Fall Geschmack was Style, Musik und Essen angeht. Abgesehen von seiner Vorliebe für Eierlikör und Bob Dylan, die nicht jeder nachvollziehen kann. Aber mit Eric Pfeil würde man jeder Zeit gerne Essen gehen.

Bei einem kurzen Verdauungsspaziergang (Merke: Indisches Essen vor einem Live-Konzert liegt doch etwas schwer im Magen) im milden Ost-Regen kam es zu einem unterhaltsamen und interessantem Gespräch. Bassist Alfred war leider nicht mehr anwesend, da er für neuen Eierlikör sorgen musste oder so, aber immerhin war Keyboarder Felix anfangs noch dabei…

 

Hast du jetzt eigentlich endlich das neue Arcade Fire Album gehört? (Diese Frage bezieht sich auf seine Kolumne, die Eric regelmäßig im Rolling Stone veröffentlicht)

Eric: Nee, immer noch nicht und werde ich auch nicht.

Felix: Das ist nicht so interessant, würde ich sagen.

Eric: Hast du es gehört, Felix?

Felix: Nein, ich kann es auch nicht hören.

Ach, so eine strenge Verweigerung? Habt ihr das bei anderen Bands auch?

Eric: Im Tourbus haben wir zum Beispiel das neue Album von Beck („Colours“) und The Killers („Wonderful Wonderful“) gehört. Beck muss ich sagen, hat mich genervt, das ist so vollgepfropfte All-You-Can-Eat Musik.

Felix: Vor allem keine Hits. Schlechtes Songwriting.

Ich dachte ja auch, der wäre seit er Anhänger von Scientology ist, sowieso abgehakt…

Eric: Also, diese Scientologensache stört mich auch maximal. Ich bin aber auch dann doch so ein bisschen geneigt, solche Informationen von Künstlern trennen zu wollen

Siehe, Morrissey…

Eric: Ja, genau. Morrissey ist leider in den letzten Jahren ein alter Wutmann geworden.

Das ist allerdings nicht schön, aber seinen neuen Song „Spent The Day In Bed“  mag ich ja schon sehr gerne.

Eric: Alfred auch. Die Botschaft ist ja eigentlich auch gut.

Kommen wir mal zu deiner Wohnzimmer-Tour. In welchem hast du dich am wohlsten gefühlt?

Eric: Neusörnewitz bei Dresden. Das war eine Garage und da hat die Oma noch Brote geschmiert und das war echt toll. Köln mochte ich auch sehr. Die Zimmer in Bayern… ehrlich gesagt, mochte ich fast alles. Ich weiß, das ist eine langweilige Antwort. Lindau war noch ganz toll.

Und in welcher Stadt gab es das leckerste Essen?

Felix: Das Schmandbrot (was sich später als „Fettbemme“ entlarvte. Anm. vom Schleckermäulchen) in Neusörnewitz war wirklich gut.

Was ist das genau?

Eric: Brot mit Schmand, einfach drauf geschmiert (Tatsächlich gab es bei Oma Griebenschmalz auf Roggenmischbrot = Fettbemme). Und dann hat sie noch so einen verrückten Kuchen gemacht, den man da in der Region, glaube ich, sehr gerne isst. Den Namen habe ich vergessen, aber da haben Alfred und ich fast das ganze Blech leer gegessen. Das war mit Kokos, glaube ich… (Anmerkung Schleckermäulchen: War es vielleicht Dresdner Eierschecke? Da ist aber kein Kokos dabei?!) In München gab es Milchreis mit Zimt. Das fand ich ein bisschen irritierend. Das war aber gar nicht schlecht. In Lindau kam mitten im Auftritt der Pizzabote. Im Oberammergau haben wir auch Pizza bestellt…

Das ist aber schade, isst man da nicht eher gute Hausmannskost?

Eric: Ja, das stimmt. Aber wir sind ziemlich oft dort, weil da unsere Freunde von der Band Kofelgschroa herkommen. Da essen wir dann immer sehr deftig. Und von einem aus der Band, der hat eine Frau und deren Mutter, wenn ich das richtig verstanden habe, hat eine Pizzaria vor Ort. Und diese Pizza ist der Wahnsinn.

Italienisches Essen ist ja sowieso dein Ding, oder?

Eric: Ja, wobei ich bin gar kein Pizza-Esser. Lieber Pasta. Ich kann wunderbar ohne Pizza leben, aber nicht ohne Pasta.

Isst du lieber am Tisch oder auch mal vor der Glotze?

Eric: Nee, nicht vor dem Fernseher. Irgendwie verbindet sich das so seltsam. Also, man isst und dann sieht man so komische Tatortgesichter… das ist eine unerfreuliche Kombination. Ich esse lieber losgelöst vom Fernseher. Ich hab das früher immer gemacht, aber es hat nie zu etwas Gutem geführt…

Ist ja auch nicht gesund und liegt schwer im Magen.

Eric: Ich esse und lese dabei sehr gerne, wenn ich alleine bin. Ich gehe aber auch sehr gerne mit meiner Frau essen. Wir sitzen dann immer nebeneinander, nie gegenüber. Wir kennen uns ja schon und dann kann man so besser beobachten.

Ah, das ist interessant. Diese Diskussion habe ich häufiger. Ich sitze lieber Gegenüber und unterhalte mich gerne dabei, auch wenn man sich schon gut kennt…

Eric: Ich habe diese blöde Eigenschaft, dass ich leicht ablenkbar bin. Und wenn wir uns unterhalten und dahinten passiert was, dann will ich nicht die ganze Zeit so dahin gucken, wenn ich mich mit dir unterhalte…

Das finde ich auch unhöflich

Eric: Genau und das ist eben damit aufgehoben, wenn man nebeneinander sitzt, weil man dann das gleiche beobachtet.

Wie sah denn das klassische Wohnzimmer auf der Tour aus?

Eric: Die waren sehr verschieden. Was man sehr oft beobachtet, das sagt wahrscheinlich auch viel über die Leute aus, die meine Musik hören, ist das Paar, was die Schnauze voll hat von der Stadt und dann aufs Land zieht. Den Fall gab es einige Male. Und das ist, obwohl ich glaube, dass ich älter bin, als die meisten, die meine Musik hören, so gar nicht mein persönlicher Entwurf. Viele wohnten ländlich. Dann gab es diesen Typus Plattensammler, wo es keine Möbel in der Wohnung gibt, aber dafür ganz viele Platten und Musikzeitschriften, die sich stapeln. Rollladen runter, keine Vorhänge. Es gab WGs, die mich an meine 90er Jahre WG-Zeiten erinnerten. Irgendwie hat sich da gar nicht viel getan in der Ästhetik der Studenten-WGs. Es war schon sehr gemischt alles. Kein Wohnzimmer war wie das andere. Die waren schon alle sehr verschieden.

Und das Wohnzimmer bei dir zu Hause? Also, bei deinen Eltern?

Eric: Oh, das ist ein guter Punkt. Wir lösen gerade das Haus meiner Mutter auf, die ist vor zwei Jahren gestorben. Ich merke gerade, dass ich soviel damit nicht mehr verbinde. Das die Zeit da auch irgendwie durch ist und ich wenig sentimentale Gefühle dafür aufbringe. Die hatte ich lange, aber ich merke, ich kann mich davon verabschieden. Ich mochte das Wohnzimmer allerdings früher ganz gerne. Als ich pubertär war, also so mit 12 Jahren und meine Eltern auf Kegeltour, habe ich immer Joan Jett & The Blackhearts laut angemacht und bin mit meinem Tennisschläger wie ein Gestörter im Wohnzimmer herum gesprungen. Ich hab dann gespielt, dass das ein Auftritt im Rockpalast wäre und ich bin Gitarrist bei Joan Jett & The Blackhearts. Ist ne relativ komische Band, die ich mir dafür ausgesucht habe, aber die Platte hat so super für dieses Konzept funktioniert. Ging auch bei AC/DC ganz gut. Das war die andere Band.

Waren diese beiden Bands auch deine erste große Liebe?

Eric: Udo Jürgens war meine erste große musikalische Liebe. Dann kam erst AC/DC. Ich wollte gerne Angus Young sein, war aber mit 10 schon so groß, wie Angus heute ist. Er ist ja ziemlich klein. Er war für mich so ein Role-Model. Ich war eher immer so schlaksig und wollte lieber klein sein. Das hat mich immer geärgert. Ich konnte auch nie so gut Gitarre spielen. Das war frustrierend. Musikalisch war das die erste Rock-Liebe. Die erste Popstar-Liebe war Udo Jürgens, kurz davor. Das war so ein Typ, wo ich dachte, auf Bühnen im blauen Anzug stehen, das ist eine tolle Idee.

Hast du ihn Live noch sehen können?

Eric: Ja, aber viel später. Das war auch nicht gut. Das hat mir nicht gefallen. Ich habe Howard Carpendale gesehen und das fand ich besser. Howard hatte mehr Humor drinnen, das hatte Udo Jürgens leider nicht. Udo hat diesen schrecklichen Superstar-Fehler gemacht und gesagt:“ Und jetzt singt meine Background-Sängerin drei Stücke“ und dann ist er Backstage gegangen, damit er ein bisschen Pause hat und die Background-Sängerin singt und im Hintergrund sind so afrikanische Landschaften eingeblendet… so was. Das war nicht so gut. Aber nichts gegen Udo Jürgens. God bless.

Ich fand den auch immer ganz gut. Angeblich war der auch mal bei uns zu Hause damals im Agnesviertel. Aber dat is ne andere Geschichte. Gibt es einen Prominenten mit dem du gerne mal Essen gehen möchtest?

Eric: Ich glaube, mit gar keinem… Du kennst das ja auch, wenn man ziemlich viele Leute interviewt hat, dann merkt man ja irgendwann, die sind immer nett, ich habe keinen Ausfall erlebt (außer Blixa Bargeld, der war sehr unsympathisch und Nick Cave ziemlich drauf) und irgendwann stellt das keinen Reiz mehr dar. Und das Problem ist immer, dass merke ich auch, wenn ich auf Konzerten mit Musikern spreche, die ich mag, dass da die Ebene nicht stimmt. Das ist wie eine einseitige Liebesbeziehung. Jemand kommt und verbindet was mit dir und man antwortet immer von einer blöden Position zurück. Man kann das gar nicht so zurück geben.

Ich habe aber eher öfter den Gedanken, och, mit dem könnte ich jetzt noch weiter Plaudern…

Eric: Vielleicht hast du da auch eine Leichtigkeit, die ich nicht habe. Ich hatte so Situationen, zum Beispiel mit meinem großen Held Robyn Hitchcock. Ich verkrampfe dann. Ich habe viele Fragen an den und er wäre in der Rolle des Auskunftgebers, der wäre aber jetzt nicht in der Rolle zu sagen: And how about you?“. Da ist was Kippeliges drinnen, und wie gesagt, was die Liebesbeziehung sehr einseitig macht. Ich wollte früher gerne Helden treffen. Heute will ich das gar nicht mehr so, ich mag ja auch Rätsel sehr gerne. Ich will gar nicht wissen, wie die sind. Ich will niemals Bob Dylan treffen, der ein großer Held von mir ist oder Adriano Celentano. Ich will mit denen diese Bilder verbinden, die ich habe.

Durch Instagram und soziale Netzwerke macht das ja auch diese Bilder eher kaputt

Eric: Genau, diese Nahbarkeit, die das Internet so mit sich gebracht hat, ist einer Liebe zu bestimmten Leuten auch nicht gut getan. Ich mag das auch nicht besonders. Wenn ich was auf Facebook mache, dann ist das eher so, wir müssen ja irgendwas machen. Und dann kann ich das mit Humor verbinden bzw. dieses Showgeschäft auch so ein bisschen veralbern. Ansonsten stehe ich diesem Medium hochgradig misstrauisch gegenüber. Ich mag das eigentlich gar nicht.

Diese Kochshows und TV-Köche kann man auch nicht mehr angucken, oder?

Eric: Das mochte ich noch nie. Ich war neulich in Italien und die haben ja auch diese Formate, aber natürlich, wie in Italien üblich, ist das da so zehn Etagen hochgejuxt und alles viel viel irrer. Und da habe ich auch so eine Show gesehen mit so einem bärtigen Koch, der rum fährt und Restaurants kritisiert, sie aber eher vernichtet, indem er Möbel und Inneneinrichtung zerstört. Hier würde man sagen: „Bitte nehmen Sie diese Sachen raus.“ Und in Italien fährt der mit einer Planierraupe drüber. (lachen). Das finde ich sehr sympathisch. Und die kochen ja auch sehr viel besser da und deshalb ist das Showniveau sowieso höher. Generell interessiert es mich aber nicht. Ich habe auch gar keinen Fernseher.

Wer kochte denn bei dir zu Hause am besten? Mama? Papa? Oma?

Eric: Gerechterweise muss ich meine Oma sagen. Bei uns zu Hause wurde nicht so gut gekocht. Meine Mutter war in den 80ern so eine Pionierin der Vollwertküche, sehr zum Leidwesen meines Vaters. Der mochte doch eher die deftige Küche. In dieser Welt bin ich aufgewachsen und das hatte mit kulinarischen Reizen nichts zu tun. Es ist nicht so, dass ich ein tolles Rezept meiner Mutter nachkochen könnte.

Und wer kocht jetzt bei dir zu Hause?

Eric: Ich bin mehr so der Pastakoch. Ich kann auch Risotto und so komisches mediterranes Huhn, aber dann höre ich auch schon auf. Ich gehe sehr gerne Essen.

Was ist dein Lieblingsrestaurant in Köln, damit es demnächst alle stürmen können?

Eric: Das ist wahrscheinlich immer noch die Bar Celentano, aber mehr so wegen dem Vibe, den der Laden hat.

Gibt es einen Lieblingssong mit/über Essen?

Eric: „I like bananas (Because they have no bones)”. Das ist ein Coversong von The Soft Boys. Ich weiß gar nicht von wem das Original ist, aber ich fand den Satz immer gut. Und Kevin Ayers, der hat auf jedem Album was er raus gebracht hat, das Wort „Banana“ untergebracht. Finde ich auch sehr gut. Auch das Album „Bananamour

Magst du Bananen?

Eric: Ja, aber ohne Leidenschaft. Alfred mag sehr gerne Bananen. Der hat immer eine Staude dabei.

Magst du „English Tapas“?

Eric: Was ist das?

Das Album von Sleaford Mods

Eric: (lacht) Achso, ja. Also Sleaford Mods ist eher eine Band, die Alfred mag. Alfred ist eigentlich das dritte Mitglied der Sleaford Mods… Ich finde das gut, sogar sehr gut, aber das ist nichts, was in meiner Welt so groß stattfindet. Aber ich habe alle Sympathien dafür, anders als bei Arcade Fire. Also, Sleaford Mods, jeder Zeit.

Essen und Musik gehören zusammen, wie…

Eric¨Es gibt zwei Sachen bei denen ich immer Musik höre. Beim Autofahren und beim Kochen. Ich habe zwei Plattenspieler, einen im Wohnzimmer und einen in der Küche. Und ich liebe Musik beim Kochen. Ich finde man braucht beim Musikhören eine Haupttätigkeit für die Versenkung. Nur rum sitzen und Musik hören kann ich nicht gut. Es gibt da keine spezielle Kochmusik, alles, was ich sonst auch so hören würde… Bob Dylan geht immer, Morrissey oder Leonard Cohen, italienische Pornofilm-Soundtracks gehen auch immer gut.

Vielen Dank, lieber Eric und auch an Felix und Alfred. Live könnt ihr Eric und das Wohnzimmer-Orchester ab November wieder sehen. Geht da mal hin und bringt Eierlikör und Bananen mit. Salute! Buon appetito!

Eric Pfeil & Das 13-Wohnzimmer-Orchester LIVE:

30.11. München – Feierwerk
03.12. Bergen – Ladenbergen
13.01. Bielefeld – Künstlerei

 

Bildquellen

  • Eric und Felix: Bildrechte beim Autor
  • Alfred und Eric: Bildrechte beim Autor
  • eric_pfeil_und_die_realität_band: Bildrechte beim Autor

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