Manchmal dauert es ein bisschen länger, bis es mit dem neuen Gast bei Schleckermäulchen-Berlin klappt. Friedrich Küppersbusch, unter engen Kontakten auch liebevoll Löckchen genannt, ließ etwas auf sich warten. Es folgt ein kleiner Auszug aus der E-Mail-Konversation mit meinem heutigen Gesprächspartner: „Liebe Frau Lütz, ja. Um Gottes Willen. Es tut mir leid. Einfach verschlafen und dann vergessen… Nehmen wir noch einen zweiten Anlauf? Herzlichst Friedrich Küppersbusch.“
Gebongt. Wir befinden uns in Berlin, im Corona-Light-Lockdown. Käsestulle und Kaffee vom Bäcker schmecken auch vor dem S-Bahnhof Friedrichstr. ganz gut und es lässt sich auf einer Bank auch wunderbar in der Spätnovember-Sonne sitzen.
Friedrich Küppersbusch ist bekannt aus Funk und Fernsehen, führte zahlreiche Interviews als Moderator des öffentlich-rechtlichen Fernsehens (u.a. ZAK von 1990-1996) mit bedeutenden Politikern und Menschen aus der wilden Medienwelt. Das war nicht immer ein Zuckerschlecken und Gespräche mit wichtigen Persönlichkeiten nagten an der Substanz.
1996 gründete er mit Alfred Biolek die Produktionsfirma probono. Seitdem ist der Journalist vorwiegend hinter der Kamera aktiv, wenn er nicht gerade für seine Rolle als gnadenloser Richter in „Babylon Berlin“ im TV zu sehen ist. Trotz Pandemie läuft bereits die dritte „Chez Krömer“- Staffel. Grimme-Preis gekürt und wunderbar besetzt mit Lieblings-Neuköllner Kurt Krömer.
Neuerdings ist der Fernsehmacher auch für Küppersbusch TV als YouTuber unterwegs.
Dem Radio blieb Küppersbusch immer treu. Seinen Kommentar gibt es jeden Montagmorgen auf RadioEins zu hören. Bereits seit 17 Jahren pendelt der BVB-Anhänger zwischen Pott, Rheinland und Berlin. Er mag gerne Knäckebrot mit Doktortitel und trinkt dazu zwei Liter (!) Milch. In seiner Freizeit baut er gerne Kartoffeln an. Es wird Zeit, eine dicke Autobiografie über diesen Mann zu schreiben. Jetzt aber erstmal ein ausführliches Gespräch.
Herzlichen Dank, lieber Herr Küppersbusch für diese eindrucksvolle Begegnung. Ich werde auch unsere stets amüsante E-Mail-Korrespondenz sehr vermissen… Knicks!
Ein Morgen ohne Kaffee ist…
FK: Technisch nicht möglich. Dann bleib ich halt liegen. Ich geh runter an die Kaffeemaschine und dann gibt es ein bestimmtes Ritual. Irgendwann ist dann der Kaffee fertig. Während dieses Prozesses folgt mein Gehirn meinem Körper. Also, wach ist erst mein Körper und dann auch mein Kopf.
Mit der ersten Kippe? Rauchen Sie noch?
FK: Journalisten-Frühstück und dann ist aber auch gut bis 16 Uhr.
Mit Zigaretten?
FK: Ernährung, sonst werde ich ja sofort wieder müde.
Haben Sie denn auch schon mal aufgehört zu rauchen?
FK: Ja, ich habe mal vier Jahre nicht geraucht.
Lesen Sie auch klassisch die Tageszeitung am Frühstückstisch? Haben Sie noch ein Abo?
FK: Zwei sogar, aber es wäre übertrieben zu sagen, dass ich die lese. Ich gucke morgens drauf, wenn ich sie reinhole. Wenn es sich ergibt, lese ich auch noch ein bisschen darin, aber eigentlich ist es so ein selbstgefälliges Mäzenatentum, dass man sagt, guck mal, der Frankfurter Rundschau geht es ja schon lange dreckig, die TAZ ist eine tolle Zeitung, schön dass ich das alles bezahle.
Man liest dann doch auch mehr digital?
FK: Ja, ich lese sehr viel am Rechner, weil ich da auch den ganzen Tag sitze und man dann ständig guckt, ob Spiegel-Online was Neues hat oder was jetzt an neuen Meldungen auf anderen Portalen da ist.
Ich hatte eigentlich gedacht, dass Sie mit dem Zug angereist sind und dann hätte ich jetzt gefragt, ob Sie ins Bordrestaurant gehen. Auf den Kurzflügen gibt es ja schon lange nichts mehr.
FK: Durch dieses 17 Jahre pendeln nach Berlin kenne ich das Sortiment, aber vor allem auch die Sortimentsschrumpfung. In den Nullerjahren, als wir hier die Filiale (gemeint ist seine Produktionsfirma probono TV) aufgebaut haben gab es zum Beispiel eine sehr gute Käseplatte mit vielen verschiedenen Sorten Käse. Man erkannte auch die Handschrift der Küchenchefin oder des Küchenchefs, wie die das jetzt mit der einen halben Gurke künstlerisch-wertvoll arrangierten. Der eine macht es längs, der andere quer. Dann gab es eine Übergangszeit, wo man sich aus der Zutatenliste des Bord-Frühstücks die Käseplatte praktisch rektal kompilieren konnte, also man konnte keine Käseplatte mehr bestellen, aber: „Sie haben da doch in Frühstück 1 den Gouda und in Frühstück 2 diese Sorte“ und damit war fast wieder eine vollständige Käseplatte auf dem Teller. Die ist neulich auch wegrationalisiert worden und es ist im Grunde nichts mehr auf der Karte, was ich gerne esse. Weswegen ich dann halt da so absitze, wenn ich keine Sitzplatzreservierung habe. Dann den Konsum so kurz über Rauswurf halten, weil ist ja auch unverschämt 3 ½ Stunden im Speisewagen zu sitzen und nichts zu verzehren.
Da gönnt man sich dann eher mal ein alkoholisches Getränk?
FK: Nein. Im Zug saufen halte ich für einen Zustand der Verwahrlosung.
Ehrlich? Manchmal kann es aber auch gemütlich sein?
FK: Mein Bild, warum ich jetzt so ablehnend reagiere, stieg vor mir auf vom typischen Berufspendler, der vielleicht so um 17, 18 Uhr nach einem Arbeitstag in dieses Abteil, den Speisewagen stolpert. Und dem man bei 1-1 ½ Stunden Zugfahrt zusieht, wie die Chance nach einem schönen Abend zerrinnt, weil er sich denkt: Ich sollte schon betrunken sein, bevor ich Zuhause ankomme. Das schaffen die auch, und dann tun mir immer die Angehörigen zuhause leid.
Das stimmt. Das ist eher abschreckend. Oft bringen die aber auch ihr eigenes Bier mit und gehen gar nicht ins Bordrestaurant.
FK: Echt?
Lecker Dosenbier und so. Wir essen hier ja gerade Käsebrötchen vom Bäcker. Machen Sie sich denn auch mal Butterbrote zum Mitnehmen?
FK: Da kann ich mich nicht erinnern, wann ich mir das letzte Mal eine Stulle zum Mitnehmen gemacht habe. Meine Gefährtin ist da hingegen gut sortiert und macht sich mal eine Schnitte und nimmt die mit. Was ich zwar selten, aber doch schon mal mache ist, dass ich mir die Rohstoffe mitnehme. Ich greife mir dann zum Beispiel eine Portion Dr. Kargst Kürbiskernknäcke.
Dr. Kargst hört sich sehr nach Bio an.
FK: Gibt es in Bio und für Erwachsene.
Ach, das ist dieses dickere Knäckebrot?
FK: Das hat einen wesentlichen Anteil an der Finanzierung meines Zahnarztes für die Prothetik, die er mir verkauft, ja. Das ist so ein gut gelaunter Getreidezement und da sind tolle Sachen drauf. Dr. Kargst Käse Kürbiskernknäcke ist im Grunde die Bionade des Brotes. Das gab es früher wirklich nur im „Knie-dich-du-Schwein“ unterstem Regal des Ökomarkts. Inzwischen gibt es das aber auch im Kaufland. Die sind auf eine Goldmine gestoßen und bald gibt es Plakatwände… Sie sind Kulinarik-Expertin und kennen Dr. Kargst Kürbiskernknäcke nicht?
(Schweigen) Doch…
FK: Ja, jetzt. Ja, ja…
Ich glaube, ich habe es bildlich vor mir, bin jetzt aber auch nicht so der Knäckefreund. Und dazu wird dann Frischkäse gereicht?
FK: Nee, da nehme ich dann noch vielleicht eine Kanne Vollmilch mit…
Vollmilch? Sie trinken Milch pur? Pfui!
FK: So sind wir alle ins Leben getreten, Frau Lütz. Also, wo wären wir…
Aber die schmecken doch alle gar nicht mehr?
FK: Ich würde sie nicht trinken, wenn sie schmecken würde. Also, wenn einen manchmal nach Öffnen der Flasche oder des Kanisters bei Zimmertemperatur, ein Kuhstall anweht, und man dann eigentlich sagen müsste, wow authentisch, toll… Ich muss brechen. Aber diese Ja-Vollmilch, die nach gar nichts riecht, die macht halt nur ihren Job.
Aber was?
FK: Wie was?
Naja, die macht satt, aber da ist ja nichts mehr drinnen, was wirklich gesund ist, oder?
FK: Vollmilch bringt schon ein bisschen Fett mit, also viel Fett und…
Entschuldigung, aber ich kenne keinen der noch Milch pur trinkt. Ich bin jetzt nicht vegan unterwegs, aber…
FK: Wenn ich jetzt nicht in dieser Büro-Ödnis bin, dann bin ich bei meiner Familie verschrien, dass ich zwei Liter Milch am Tag trinke…
Zwei Liter? Verrückt! Das ist doch ungesund?
FK: Ach, iwo denn. Sehe ich so aus? Wenn die Kuh doch so viel macht, das muss doch irgendwohin.
Und dann noch nicht mal Biomilch, sondern die billige…
FK: Biomilch schmeckt nach Milch, das trinke ich nicht. Unter ihrer Fragestellung wird mir jetzt klar, dass es nicht so gewöhnlich ist wie es mir vorkam, in den letzten 50 Jahren.
Bodybuilder trinken so viel Milch, oder?
FK: In meiner Kindheit gab es noch Werbung für Milch. Mit dem schwunghaften Claim: „Milch ist gegen Maroditis“. Da gab es Menschen, die marodierten. Die Werbetexter hatten sich die Krankheit Maroditis ausgedacht und dann kam ein gutes Glas Vollmilch ins Spiel und dann tranken die das und hatten total gute Laune.
Bärenmarke kann ich mich noch erinnern.
FK: Da wurde einfach nur der Rohstoff promotet…wette ich einen 10er drauf. 10er Kasten Milch.
Den haben Sie sofort gewonnen, den möchte ich nicht. (Werbespot: “Die Milch macht‘s“. Sie haben gewonnen. Ich schicke Ihnen dann den gewonnenen Kasten Kuhmilch direkt nach Hause, Herr Küppersbusch.)
FK: Man war ja froh, dass es Vollmilch gab. Früher kam die Milch bei uns vom Kuh-Hotel. Das war eigentlich ein Besucher-Bauernhof und außerdem sollte da die Idee geweckt werden, dass die Kühe dort wie im Hotel leben und einfach mal sagen, gehe ich heute zur Pediküre oder gebe ich Milch, mal schauen. Das war schon spannend. Kuh-Hotel war nach Essen hin, im Süden die Wuppertaler Schwebebahn. Eine Milchprodukt-Palette wurde idiotischerweise nach der Elefantenkuh benannt, die damals aus der Schwebebahn in die Wupper fiel. Die hieß ja Tuffi.
Stimmt, die Milchmarke sagt mir auch noch was. Damit hatte ich aber nicht den Elefanten verbunden.
FK: Das war, glaube ich, die Molkerei von Wuppertal oder die den Großraum Wuppertal zumindest abdeckte. Bei Tuffi wusste man…Elefantenmilch. Deshalb ist mir eine Welt fremd, in der junge Frauen so erschütternd reagieren, wenn man sagt: „Ich trinke Milch.“
Sind das nur Frauen, die so reagieren?
FK: Ehrlich gesagt, nur Sie.
Aber kennen Sie noch andere Menschen, die zwei Liter Milch am Tag trinken?
FK: Nein.
Eben. Ihre Gefährtin trinkt bestimmt auch keine Milch, oder?
FK: Es wird Sie überraschen, aber in meiner Konversation ist das oft nicht die erste Frage, die ich stelle: „Küppersbusch mein Name, wie stehts bei Ihnen? Zwei Liter?“
Ich habe früher auch Milchkaffee getrunken, aber hier in dem Cappuccino, den wir gerade trinken, ist mir auch schon fast zu viel Kuh.
FK: Woher kommt denn diese Milchabscheu bei Ihnen?
Keine Ahnung. Irgendwann war mir der Konsum zu viel. Im Kaffee brauche ich allerdings immer noch einen Schuss, weil ich auch schon sämtliche Pflanzensorten ausprobiert habe und die mir wirklich alle nicht schmecken.
FK: Und so einfach mal ein schönes köstliches kühlschrankkaltes Glas Milch?
(Schüttel) Nee, das habe ich bestimmt seit 20 Jahren nicht mehr getan…Ich weiß auch nicht, warum wir an dem Thema jetzt so hängen bleiben.
FK: Meine Gefährtin, weil sie eben danach fragten, trinkt zwar nicht vergleichbare Mengen, aber bringt auch immer ein 10er-Gebinde Ziegenmilch ins Haus. (grinst)
Huar, das wird ja immer besser…
FK: Sie wollten es wissen und meine Tochter…
Sojamilch…
FK: Genau, was ja alles gar nicht Milch heißen darf, wegen der Milch-Guerilla.
Themawechsel. Können Sie sich noch an den Geschmack der WDR-Kantine erinnern?
FK: Das ist schon ein paar Jahre her. Es gab eine kleine Kantine im Funkhaus, die hat sich tief in mein Gedächtnis eingegraben, weil ich ja als Insasse dieses Bundeslandes, solange ich mich zurück erinnern konnte, von allen die Stimmen der WDR-Radiosender kannte, die dort produziert wurden. Als ich mir als Volontär dort mal einen Kaffee holte, hatte ich diesen interessanten Effekt: Ich saß da und hörte hinter mir Stimmen, die ich seit 20 oder 15 Jahren kannte. Jedes WDR-Mittagsmagazin mit Klaus-Jürgen Haller, Helmut Prinz. Das waren epochale Säulenheilige des Radiojournalismus. Und wenn man sich dann umdrehte und die konkrete Physis dieses Menschen sah, merkte man in der Sekunde, dass die Stimme in der Imagination erstens was anderes und zweitens überhaupt was produziert hatte. Bei Klaus-Jürgen Haller stellte man sich einen 2,10 Meter Wikinger vor, der mit wenig mehr als einem Kettenhemd am Mikrofon saß und unbotmäßige Korrespondenten zurechtwies. Das war ein toller Effekt. So, als würde man die Leute seit 20 Jahren kennen, aber zum ersten Mal ihren Körper sehen und bei der Gelegenheit dann noch merken, dass die Stimmen ganz andere Körperfantasien evoziert haben.
Was haben Sie während ihrem Volontariat beim WDR noch mal genau gemacht?
FK: Das war so Kinderlandverschickung. Ein verkürztes Volontariat, deshalb waren es viele Stationen, weil in dem dreizehnmonatigen Dortmunder Diskriminierungs-Volontariat abgebildet wurde, was echte WDR-Volontäre, die der WDR freiwillig nahm, in zwei Jahren machten. Das war dann vier Wochen Nachrichten, sechs Wochen Ü-Wagen, ein Monat Landesstudio Dortmund, in der Jugendredaktion war ich länger.
Es gab ja im WDR, Studio A und Studio B, also beim Fernsehen, wo aufgezeichnet wurde…
FK: Sie kennen sich aber gut aus…
Ja, und dann gab es noch das Studio O. Kennen Sie das auch noch?
FK: Das ist eine Kneipe am Appellhofplatz.
Genau. Ich glaube, gegenüber oder um die Ecke vom Vierscheibenhaus? Das war immer ein beliebter Treffpunkt nach der Arbeit.
FK: Am Funkhaus gab es auch eine Gastronomie. Man stolperte aus dem Funkhaus rein, ging leicht versetzt zehn Schritte zum Dom und war dann in dieser Kneipe, am Wallrafplatz. In meiner Volontärs-Generation gab es das Synonym für „Mit Programmentscheidung ist heute nicht mehr zu rechnen“, mit „Wir sind bei Bepi“. Das ist ein Italiener mit so Boulavardbestuhlung, am Eingang von der Mittelstraße. Hieß das „O“ nicht auch mal Örgelchen?
Stimmt, das kann sehr gut sein. Gibt es aber auch leider nicht mehr.
FK: Das Örgelchen musste schließen – irgendwann standen Teile der Inneneinrichtung draußen im Regen.
Traurig. Vermissen Sie es eigentlich Interviews zu führen oder würden Sie gerne noch mal Leute befragen?
FK: Nee. Ich merke ja jetzt durch YouTube oder anderen Plattformen – Jeder macht, was er will und dass Produktionen kein Geld mehr kosten und man auch keinen riesigen Sender für die Umsetzung mehr braucht. Ich kann, wie viele andere rüstige Senioren, das machen was ich will und das tue ich auch.
Ich lehre oder ich erzähle Geschichten und erkläre Sichtweisen, präsentiere Recherchen. Das alles macht mir einen Höllenspaß. Ich fand das damals auch unfassbar anstrengend.
Wenn man das so lange macht und Sie hatten ja auch anstrengende Gesprächspartner.
FK: Das war ein schneller Lernprozess aus dem was ich vorher sechs Jahre auch schon im Radio gemacht habe. Damals noch beim Regionalradio, Radio Münstlerland-Scheißegal-die-Antenne-hält-es-aus. Da hast du auch mal sechs bis acht Minuten was über eine Umgehungsstraße gemacht. Und dann saßt du plötzlich Willy Brandt gegenüber oder so einem Kabinettsmitglied der 1990er, also ganz große Fische. Du warst noch in dem Modus zu realisieren: „Bin ich das jetzt oder hat er sich verlaufen? Was mache ich hier?“ Du hattest einfach im Nacken, dass das Interview geil werden muss, sonst nächste Woche Job weg. Ich war Freiberufler. Ich habe das als einen sehr zudringlichen Akt auf mein Leben empfunden, zu sagen, du hast jetzt das Privileg Willy Brandt zu begegnen, weil du eine Woche hast, um dich darauf vorzubereiten. Und dann musst du das, was dir dazu einfällt in 3×3 Minuten packen. Und es gibt wahrscheinlich da draußen 51 Prozent, die es gut finden, wenn du Brandt durch das Interview schaden würdest oder irgendwie schlau-fies zu ihm wärst. Ich habe das damals als unfassbar stressig erlebt und als persönlichkeitsverformend. Durch die enge Zeit waren sauschöne Momente dabei und ich habe auch nicht so herumgelabert, bin immer gut auf den Punkt gekommen. Oder habe durch gute Vorbereitung weniger das Gefühl gehabt, nur einmal im Leben einer dieser bedeutenden Persönlichkeiten zu begegnen und nur Bullshit zur reden. Das war schon auch fein, aber halt mit Boxbuden-Charakter. Es war ja auch ein Image, was ich mir selber zusammengequatscht habe. Das hat es mir aber nachhaltig ausgetrieben. Da muss man auch eher so 25 Jahre alt und voller Testosteron sein.
Das ist ein permanenter Druck, den man da ausgeliefert ist.
FK: Das ist ja mein eigener Ehrgeiz oder meine Deformation, dass ich das unfassbar gut und erfolgreich machen wollte. Den Druck habe ich mir selbst gemacht, den kann ich niemandem vorwerfen. Für mich habe ich dann notiert: Unterhalte dich nett mit den Leuten, wenn du Gelegenheit dazu hast.
Stört es Sie, wenn ich ein bisschen von Ihnen wegrauche?
Können Sie gerne machen.
FK: Das ist lieb, Danke.
Solange Sie keine Milch dazu trinken.
FK: Lieber Zigarre, als Milch. Das begegnet mir selten.
Ach, Sie rauchen Zigarre? Das stinkt natürlich.
FK: Höre ich immer wieder.
Sind eigentlich die neuen „Chez Krömer“ Sendungen schon alle im Kasten?
FK: Ja.
Kann man trotz Lockdown Light immer noch Shows aufzeichnen?
FK: Wir haben jetzt den Rest vor dem Lockdown mit sehr geringer Zuschauerzahl, 40 statt 160 Personen, produzieren dürfen. Nun hat es bei der Frage, wann man eine neue Staffel macht, wenn man denn eine macht, schon eine Rolle gespielt. Den Februar kannst du dafür knicken, weil dann wahrscheinlich immer noch Lockdown ist. Für den Künstler ist es schon eine Komponente, um es höflich zu formulieren, dass auch irgendeine Resonanz vor Ort ist. Bei 160 Leuten sind immer ein paar happy faces dabei oder Menschen, die gute Laune haben und aus sich rausgehen. Aber wenn sie nur 40 da sitzen haben und erwischen eine Busladung Depressive, dann …
Wie kam es eigentlich zu der Zusammenarbeit mit Kurt Krömer bzw. wer hatte die Idee zu „Chez Krömer“?
FK: Alex, also Kurt Krömer (bürgerlich Alexander Bojcan) kam auf mich zu. Wir haben uns erst einmal so getroffen: Was machst du? Wie läuft‘s? Kurt Krömer erzählte, dass er vier Jahre abstinent vom Fernsehen gewesen war, und dass er ein Buch geschrieben hat über seine Reise nach Afghanistan. („Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will – Zu Besuch in Afghanistan„) Er würde gerne etwas anderes machen, aber nicht mehr die Shows von früher. Er wollte das Erlebte und seine persönliche Entwicklung in einer Produktion unterbringen. Ausgegangen von seinem Reisetagebuch über verschiedene journalistische Formate. Dann galt es auch den rbb und Kurt wieder ins Gespräch zu bringen. Das ging auch. Der rbb als Sender hatte natürlich die verantwortliche Entscheidung Gebührengelder zu bezahlen und hat gesagt, die alte Show (Die Kurt Krömer Show) wäre doch gar nicht schlecht gewesen. Die tendieren dann natürlich eher zum Bewährten statt zum Risiko. Dann haben wir diese Idee mit dem Verhörzimmer geboren, die schon sehr konkret in Kurts Kopf war. Er hatte dazu tatsächlich auch das erste Bühnenbild gezeichnet, so wie er das haben möchte. Und ja…
…das war der Beginn…
FK: …einer großen Freundschaft.
Sehr schön. Ich gucke das auch immer sehr gerne.
FK: Das macht auch viel Spaß. Man könnte sich fragen, warum man in diesem Meer von Sendungen jetzt noch eine Gesprächssendung macht, aber das begründet sich in der Sendung von alleine, denke ich.
Das ist der Punkt. Welche guten Gesprächssendungen, Talkshows gibt es denn noch im deutschen Fernsehen?
FK: Das ist im Moment eine berechtigte, rein rhetorische Frage.
Aus nostalgischen WDR-Gründen schaue ich mir gern den Kölner Treff an. Aber diese ganzen anderen Shows, das wiederholt sich ja alles immer nur.
FK: Hast du ein neues Album? Hast du einen neuen Film? Hast du eine neue Frau?
Kurt Krömer war doch zuletzt bei der NDR-Talkshow und ziemlich angenervt – Zurecht.
FK: Ja, du weißt das dann. Du bist als Comedian geladen, dann kommt die dran, die hat eine neue Kosmetikserie, dann kommt der mit seinem neuen Film und dann kommen die acht Minuten, wo man lustig sein muss. Und auf lustig sein hat Kurt manchmal gar keine Lust drauf.
Oder auch seinen Namen immer wieder erklären…
FK: Fragen, die du schon 800 Mal beantwortet hast.
Und dann gab es ja auch noch diesen schlimmen Comedypreis…
FK: Oh Gott.
Den habe ich mir auch angeschaut, lief aber eher so im Hintergrund. Das war grauenhaft.
FK: Ja, da muss man denen natürlich auch zugutehalten, dass sie unter Corona irgendwas produzieren mussten. SAT.1 hatte da den Ehrgeiz, den Preis RTL abzujagen und das war das erste Mal für SAT.1. Dann direkt mit einem Totalschaden anzufangen, darauf hatten sie offenbar keine Lust, also das abzusagen. Und dann saßen wir da tatsächlich mit 400 aus Pappe laubgesägten Fotografien., Und der Warm-Upper machte sein Warm-Up. Das ist ein feiner Kerl hier aus Berlin.
Ach, Sie waren auch vor Ort?
FK: Ja, weil die Begeisterung aller Produktionsbeteiligten über den Comedypreis so überschwänglich war, dass es am Ende an rbb Redakteur Jürgen Stark und mir hängen blieb dahinzugehen. Einfach die Gefahr austanzen, dass die Jury sich irrt und uns den Preis gibt.
Das ist doch deprimierend. Ich kannte die zwei Typen gar nicht, die dann den Preis gewonnen haben. („Chez Krömer“ war in der Kategorie: Beste Comedy-Show 2020 nominiert)
FK: Das war ja so eine Generalkritik dieses Jahr, dass SAT.1 durch den gewünschten Modernisierungsschub alle Abstimmungen online abgehalten hat. In dem Sinne gab es gar keine Jury mehr wie früher. Demnach hatten alle Formate, die eine starke Online-Base haben, ihre Nominierungen auch digital fröhlich weitergegeben. Der Sender macht einen Comedypreis, der online abgestimmt wird, damit werden ganz viele Online-Communities von erfolgreichen Online-Komödianten und Komödiantinnen auf SAT.1 gelenkt. Einen Sender, der online schlecht aufgestellt ist, sagt „Hallo, Worldwide Wohnzimmer-Community“ und so haben die tendenziell jüngeren und digital-basierten Kollegen und Kolleginnen entsprechend gewonnen. Caroline Kebekus hat auch nichts gewonnen. Es waren schon Überraschungen dabei.
Kommen wir doch mal lieber wieder zum Essen. Hier sind noch Kekse…
FK: Ich bin gerade zuckerfrei.
Ach ehrlich, warum kaufe ich die denn dann?
FK: Na, weil Sie Lust auf Lebkuchen hatten. Das war Ihnen deutlich anzumerken.
Seit wann essen Sie keinen Zucker mehr?
FK: Seit dem Urlaub.
Ich bin da immer sehr beeindruckt, wenn das jemand durchzieht. Mehr, als wenn jemand zwei Liter Milch trinkt.
FK: Da kommen schon einige Absonderlichkeiten zusammen. Ich merke schon.
Machen Sie das öfter?
FK: Meine Gefährtin und ich hatten als Reisenahrung noch drei Kekse dabei, Haferkekse, sehr lecker. Probieren Sie die mal mit einem guten Schluck Vollmilch… und dann in Irland, da waren wir schön abgeclosed auf einem Berg, ganz alleine. Wir haben Esel und Kühe gesehen. In Irland ist das Keksregal so lang, wie bei uns das Hundenahrungsregal. Das Hunderegal ist da ziemlich kurz, der irische Hund schaut wie er damit klar kommt, aber bei Gebäck ist der Ire schon wählerisch. Das ist für mich dann immer eine Gefahr beim Einkauf. Jetzt unter Corona-Bedingungen machst du eher einen großen Einkauf und läufst nicht jeden Tag zum Supermarkt, weil du da die Community nicht beleidigen möchtest, von wegen die Touristen halten sich an nix. Deshalb waren wir nur einmal im Supermarkt und entweder kaufe ich wieder das ganze Keksregal leer und dann weiß ich, wie die Woche wird, oder lassen wir es doch einfach mal.
Und es funktioniert offensichtlich?
FK: Ja, weil ich aufgrund des Berufes schon ein Freund der Süßigkeitenschublade bin. Hier ein paar Gummibärchen und ab 17/18 Uhr hat man richtig Hunger und reißt eine Packung Kekse auf und am Ende des Weges bist du, was du isst. Du hast zwar was gegessen, aber es fühlt sich nicht gut an.
Oder man versucht nur ein richtig gutes Stück Kuchen in der Woche zu essen. Backen Sie?
FK: Meine Gefährtin hat schon den fünften Apfelkuchen gebacken, wobei einer an den Sohn ging, weil er Geburtstag hatte. Mit Äpfeln aus eigenen Anbau. Wir haben mit dem Haus auch einen Apfelbaum mitgekauft.
Und Kartoffeln. Das habe ich bei Instagram gesehen.
FK: Genau. Die wachsen in guter Nachbarschaft und haben sich auch bereits auf dem Teller getroffen… (Gleichzeitig) Himmel und Äd (Kartoffelpüree mit Apfelkompott. Dazu wird im Rheinland gerne Blutwurst gereicht). Wir sind bei der Auswahl der Blutwurst im örtlichen Dortmunder „Fruchtbare Erde“ Ökomarkt gelandet.
Fruchtbare Erde…
FK: Das war ein Fehlgriff. Es war nicht das, was man unter Flönz (kölsch für Blutwurst) erwartet und verstehen darf.
(Verfällt sofort ins Kölsche). Da jibbet in Köln doch die eine Metzgerei…
FK: Die eine Blutwurstmetzgerei von der alle immer reden. Ich kenne die auch nur als Legende, aber das muss die Blutwurst des Herren sein.
Ich war auch nie dort, habe das aber auch noch nie gegessen.
FK: Himmel und Äd?
Blutwurst.
FK: Ist auch Geschmackssache. Wenn man darüber nachdenkt, was da drin ist …
Nee, das will man gar nicht wissen. Essen Sie denn sowas wie Innereien?
FK: Nein, Sie?
Nee, ich esse gar kein Fleisch, aber auch früher keine Innereien. Ich weiß noch, mein Vater hat Leber ganz lecker gemacht. Mit Zwiebeln und Äpfeln angebraten. Das mochte ich gerne als Kind. Gehört das auch zu Innereien?
FK: Ja, nur wenige Tiere tragen die Leber außen. Aber Leber immer gut durchgebraten. Ich fand Zunge auch immer schrecklich. Den ganzen Ramsch gab es früher bei uns. Das hatte so eine kaugummiartige Konsistenz und du wusstest ja auch, dass es die Zunge von jemandem war. Möchte ich das essen? Nein. Thüringer Wurst, auch ganz schlimm.
Generell Wurst.
FK: In der Thüringer Wurst sind auch Zungenstückchen drinnen.
Bestimmt auch Augen…Fleischwurst mochte ich früher sehr gerne. Will man aber auch nicht wissen, was da alles drinnen ist.
FK: Fleischwurst ist schon ein wolllustiges Vergnügen. Früher beim Einkaufen bekam man auch immer ein Stück Fleischwurst über den Tresen gereicht.
Von der freundlichen Bedienung an der Wursttheke. Stimmt. Heute mit Corona leider nicht mehr möglich. Gibt es das überhaupt noch?
FK: Bei meiner Tochter war das noch so. Die ist jetzt 24 und als sie so vier, fünf Jahre alt war, die war auch so ein Engelchen, da warfen die Fleischfachverkäuferinnen immer mit Wurst, hier noch eine Mortadella. Sie war satt, wenn wir vom Einkaufen nach Hause kamen.
Und später kam die Bärchenwurst und sowas.
FK: Schlimme Augenwurst mit Motiven. Mortadella mit lustigen Augen drinnen.
Die Fleischwurst von der Theke, das war schon ein schönes Ritual.
FK: Eigentlich ja. Die hat auch ihren Weg in die Tankstelle geschafft. An den Notfall-Mampfregalen gibt es die Herta folienverschweißte Fleischwurst für unsere Latexfreunde. Die ist da so eingeschrumpft verpackt…
Echt? Ich kenne eher von der Tanke ganz pervers, die Bockwurst mit Käse oder Ketchup gefüllt.
FK: Boah, ja, ja.
Kochen Sie denn eigentlich auch selbst?
FK: Schlecht, ja.
Was passiert denn noch mit Ihren Kartoffeln. Sind die schon alle weg?
FK: Wir schätzen, die halten noch mindestens bis Weihnachten, obwohl wir regelmäßig Kartoffelmahlzeiten zu uns nehmen. Leider hatte ich es vorher nicht notiert, was ich wo gesetzt hatte. Auf eine Setzkartoffel hat es 25 Erntekartoffeln gebracht, so richtig dicke Kloben. Das war früher der Sandkastenbereich unserer Kinder, so dass der schwere westfälische Lössboden, der nicht gut ist für Kartoffeln, aufgelockert wurde. Da sind die super gewachsen. Und dann gab es noch, ohne jetzt jemanden diskriminieren zu wollen, Contergan-Kartoffeln, die waren winzig. Die dritte Sorte, mittlere Größe, war etwas aromatischer. Ich hatte einen 2 ½ Kilo normalen Sack Speisekartoffeln aus dem Supermarkt als Setzkartoffeln genommen, wahrscheinlich hatten die Wachstumshemmer. Das tun die rein, damit die in der Kammer keimen, aber nicht im Boden.
Das ist ja auch bescheuert.
FK: Absolut. Eigentlich müsste ich jetzt zusehen, welche Kartoffeln wir nicht essen und die draußen keimen lassen, und von denen dann die Dicken nachziehen. Das wäre logisch.
Dann wünsche ich viel Erfolg. Was haben Sie sonst noch so im Garten?
FK: Ich habe noch ein Kräuterbeet mit Thymian, Lavendel, Salbei, Minze, Zitronenmelisse, Maggikraut, Schnittlauch – das war‘s.
Nicht schlecht. Wofür benutzt man Lavendel in der Küche?
FK: Lavendel hat meine Gefährtin ins Treppenhaus-Fenster gehängt, damit aus meinem Zimmer der Zigarrenrauch nicht zu ihr kommt.
Und gegen Motten hilft es ja auch.
FK: Genau, so Beutelchen machen und ab in die Wäschekiste.
Und kam der Sinn zum Selbstanbau jetzt durch die Kontaktsperre?
FK: Es gab eine Erweckungsszene: Als mein Sohn noch sehr jung war, vielleicht so vier oder fünf Jahre, hat er, wie es sich für Kinder gehört, ordentlich mit dem Essen gespielt. Kartoffelpüree schleudern und was man so alles machen kann. Aus mir sprach dann – zu meiner eigenen Erschütterung- die Stimme meiner Eltern und Großeltern, die sagten: „Mit Essen spielt man nicht. Andere Leute haben nichts zu essen. Das geht nicht.“ Er guckte mich fragend an, denn es machte ihm Spaß. Er kannte auch keine Leute, die nichts zu essen hatten. Dann sprang vor mein geistiges Auge dieses Bild im Supermarkt, wo diese überquellenden Kartoffelregale mit acht Sorten sind, und purzelt da was runter, kommt der Supermarkt-Mitarbeiter und schmeißt es in den Müll. Wie soll der Junge eine Vorstellung davon bekommen, dass das Essen einen Wert hat? Dann habe ich ihn gefragt: Hast du Lust Kartoffeln selbst zu machen? Und dann haben wir ein Stück Garten umgegraben und es bewirtschaftet.
Kommen wir noch zur Musik. Sie greifen in Ihren YouTube-Videos öfter mal zur Gitarre. Haben Sie früher in einer Band gespielt?
FK: Während der Schulzeit. In meiner Generation gab es ja Punk, eine Ideologie bei den musikalischen Kenntnissen und instrumentelle Virtuosität eigentlich Verrat waren. Man musste sich die Musik zurückerobern von diesen überindustrialisierten Apparaten und es war gerade gut, wenn man nichts konnte und es sehr laut wurde. Wenn es Wut ausdrückte, und das kam meinem Musikkenntnisstand sehr entgegen.
War es dann immer schon die Gitarre?
FK: Ich wurde auf meinem Weg zum Weltklasse-Schlagzeuger von meinen Eltern mit dem klugen Rat versehen: „Sehr gute Idee, Junge. Schlagzug – Wollen wir erst mal sehen, ob du überhaupt musikalisch talentiert bist. Hier ist eine Blockflöte“. Das ist etwas, mit dem man einem Jungen am Rande der Pubertät so richtig Freude machen kann. Kann ich nur empfehlen. Dann fand ich den Deal, ich lerne jetzt Blockflöte und dann bekomme ich ein Schlagzeug, doch ganz gut. Ich habe dann in Rekordgeschwindigkeit und ohne größere Schames-Exzesse Blockflöte gelernt. Ich fand einen Leidensgenossen, Ingo war sein Name, der ungefähr den gleichen Leidensweg durchmachen musste zu seiner Gitarre. Ingo war durchaus talentierter, konnte F-Flöte spielen. Als sich das erste Jahr dem Ende neigte, haben wir uns todesmutig beim Jugend Musikwettbewerb als Flöten-Duo angemeldet.
Das ist schon etwas Besonderes.
FK: In der Schule war es ein Durchmarsch. Alle anderen spielten ja Fußball und kümmerten sich darum eine Freundin zu bekommen. Und wir standen da mit diesen Dildos im Mund, beide ein Kassengestell auf der Nase, so kamen wir in die Endausscheidung. Wahrscheinlich, weil es sonst gar keine Flöten-Duos gab und weil den stillgelegten Musiklehrerinnen in der Jury die Milch einschoss, als sie uns sahen. Ich hatte dann die Urkunde „Sieger-Wettbewerb“ und bin damit zu meinen Eltern. So, bitte Blockflöte, wo ist das Schlagzeug? „Oh, jetzt haben wir gerade für die älteste Schwester ein Klavier gekauft. Das passt jetzt ganz schlecht…“ Dann bekam ich also Zwangs-Klavierunterricht bei einem ausgewachsenen Sadisten. Er war Kirchenmusiker. Der spielte immer sehr geilen Boogie Woogie, wenn ich auf den Beginn meiner Stunde wartete. Aber wenn ich dann reinkam, war vom Boogie Woogie nichts mehr zu hören, sondern man spielte die Etüden auf. Das habe ich wie die Pest gehasst. Mit zwölf habe ich mir dann eine akustische Gitarre besorgt und mir ein paar Bob Dylan Lieder und andere Songs selbst beigebracht. Ich habe mir geschworen, nie wieder Unterricht. Unterricht führt immer zum Betrug. Am Ende stehst du da und die ganze Klasse lacht dich aus, weil du beim Blockflöten-Wettbewerb mitmachst oder du bist beim Klavier-Sadisten. Das war dann natürlich die Basis für eine Punk-Karriere.
Und wie hieß die erste Band?
FK: Kraut und Rüben und irgendwann mal Scharlatan.
Kraut und Rüben (lach). Und später Milch und …
FK: Sehen Sie, diese Naturverbundenheit. Die ist mir nie aufgefallen. Bis heute. Bis zu diesem Moment.
Kraut und Rüben.
FK: Ja, laut am Üben… Ich weiß gar nicht, wie wir darauf gekommen sind. Da waren wir aber auch noch sehr jung.
Herr Küppersbusch, das war gut, oder? Mir hat es großes Vergnügen bereitet. Vielen Dank!
FK: Ja, es hat Spaß gemacht. Ich danke Ihnen.
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